Seit wann der Mensch Wein geniesst, ist eine Frage, die so nicht zu beantworten ist. Gerne würden wir ein konkretes Datum nennen, wie beispielsweise der 1.1.5096 vor Christus, so wie wir das von der heutigen Beamtenbürokratie gewohnt sind. «Ab dem 1.1.5096 BC wird die aus Trauben vergorene Substanz - mit dem Aktenzeichen VS5090 und nun neu mit der Bezeichnung «Wein» - Einzug in die Gesellschaft halten.»
Aber Spass beiseite. Wein war natürlich nicht von Anfang an das was wir heute kennen. Das was den Anfängen der Weinkultur am nächsten kommt, wird als vergorenes Getränk aus Wildreben beschrieben, das allerdings kein Traubenwein in Reinkultur war, sondern vermischt mit Honigmet, Reisbier und Weissdornfruchtwein. Diese archäologischen Funde sind beachtliche 9000 Jahre alt und stammen vom Gelben Fluss in China. Nicht nur die Ursprünge der Pasta kommen aus China. Jetzt auch noch der Wein. Da fragt man sich, was haben die Chinesen eigentlich nicht erfunden?
Bis vor kurzem galten nämlich Tongefässe der Ausgrabungsstätte Hajji Firuz Tepe in Iran mit einem Alter von bis zu 7400 Jahren als älteste Zeugnisse der Weinherstellung. Obwohl rund 1600 Jahre jünger als die archäologischen Funde vom Gelben Fluss kommen diese Entdeckungen unserer Vorstellung von reinem Traubenwein am nächsten.
Und nun, die grosse Überraschung. Wie aus den Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS), veröffentlicht am 13. November 2017, von einem Forscherteam unter der Leitung von Patrick McGovern, hervorgeht, finden sich Hinweise auf die älteste Weinkultur im Grossraum des heutigen Landes Georgien. Es konnten Weinspuren an Tongefässen nachgewiesen werden, die 7800 bis 8000 Jahre alt sein dürften. An den Scherben konnten Spuren nachgewiesen werden von Weinsäure, Apfelsäure, Bernsteinsäure sowie Zitronensäure. Mc Govern erklärte, dass Töpferwaren durch ihre poröse Struktur und das ionische Material geeignet seien, Flüssigkeiten zu absorbieren und über Jahrtausende hinweg vor Umweltverunreinigungen zu schützen.
Als Grundlage für die Analyse dienten 18 Gefässscherben, gefunden in den Jahren zwischen 2012 und 2016 an zwei Ausgrabungsstätten, gelegen rund 50 Kilometer südlich von Tiflis, der Hauptstadt Georgiens. Die Bestimmung des Alters von bis zu 7900 Jahren wurden mit der Radiokarbon-Methode ausgeführt. Um die Scherben herum wurden zusätzlich Spuren von Pollen und Stärke sowie Oberhaut und Kerne der Weinrebe Vitis vinifera gefunden. Vitis vinifera bedeutet «Edle Weinrebe» und wird auch «Echte Weinrebe» genannt. Die Forscher sind überzeugt, dass diese Vitis vinifera das älteste Beispiel für die Domestizierung einer wildwachsenden eurasischen Weinrebe ist.
Ein weiteres Indiz für die Richtigkeit der Annahme der Forscher ist die Tatsache, dass von der Edlen Weinrebe bis heute ca. 10'000 Varianten bekannt sind und davon alleine in Georgien 500 Sorten Wein existieren. Das deutet stark darauf hin, dass in dieser Region schon seit sehr langer Zeit Trauben domestiziert und gekreuzt werden.
Abschliessend muss allerdings noch festgehalten werden, dass Georgien ein gesteigertes Interesse an der Vermarktung ihrer Weine hat und deshalb intensiver als andere Länder in diesem Raum in die Forschung und Archäologie investiert. Das ist der Grund, dass mehr verwertbare Fundstücke vorhanden sind, als in umliegenden Ländern.
Dennoch, wer hätte das gedacht?
Alla vostra salute!